CDU verliert Vormachtrolle, FDP strahlt

Streitmehrheiten werden schwieriger im neuen Bräunlinger Gemeinderat. Bei der Wahl am Sonntag hat die CDU ihre Vormachtrolle verloren. Klare Wahlgewinnerin ist die FDP, verloren hat die SPD. 22 statt bisher 18 Stadträte sitzen im neuen Kommunalparlament.

Bräunlingen – So trügerisch können Zahlen sein: Rein nach Ratssitzen betrachtet gibt es keine Wahlverlierer. Denn alle Bräunlinger Fraktionen außer der SPD haben Sitze hinzugewonnen: die CDU von neun auf zehn, die Gruppe 84 von vier auf fünf, die FDP von zwei auf vier, die SPD bleibt bei drei Sitzen. Doch bei dieser „wunderbaren Sitzvermehrung“ spielte vor allem die komplizierte Wahl-Arithmetik Regie; auf Grund von Ausgleichsmandaten kommt es zur Aufblähung des Stadtparlaments. Erst die Prozent-Analyse zeigt, was wirklich passiert ist.

Die CDU hat nach dem überragenden Ergebnis von 2004 deutlich Stimmenanteile verloren, von 48,1 auf jetzt 43,3 Prozent. Die Gruppe 84 hat von 20,1 auf 20,7 Prozent leicht hinzugewonnen, die SPD von 19,1 auf 16,4 Prozent deutlich verloren. Herausragend hinzugewonnen hat die FDP, von 12,7 auf 19,5 Prozent.

In der Schlussrechnung erreicht die CDU acht Direktmandate (fünf in der Kernstadt, zwei in Döggingen, eines in Bruggen) sowie zwei Ausgleichsmandate. Die Gruppe 84 hat fünf Direktmandate in der Kernstadt und keine Ausgleichssitze. Die SPD kommt auf zwei Direktmandate in der Kernstadt und einen Ausgleichssitz. Die FDP hat drei Direktmandate (zwei in der Kernstadt, einen in Waldhausen) und einen Ausgleichssitz.

Die neue Sitzverteilung bedeutet: In Bräunlingen enden fünf Jahre, in denen ohne CDU gar nichts ging auf dem politischen Entscheidungsweg. Bisher hatte sie genau die Hälfte aller Gemeinderatssitze, und Zünglein an der Waage war im Zweifel Bürgermeister Jürgen Guse (CDU) mit seiner „Zusatzstimme“ kraft Amtes. Künftig braucht die CDU bei strittigen Entscheidungen wieder Stimmen aus den anderen Fraktionen, um ihre Positionen durchzusetzen. Ihr Wahlziel „50 Prozent plus x“ hat die CDU eklatant verfehlt.

Als klare Verliererin steht auch die SPD da. In besten Zeiten war sie eine führende Kraft im Gemeinderat, jetzt wird sie zum Bedeutungs-Schlusslicht. Die SPD war mit nur sieben Kandidaten zur Wahl angetreten und hatte somit auf die Stimmen etlicher weiterer Zählkandidaten verzichtet. In den Stadtteilen hatte sie überhaupt keinen Kandidaten.

Die FDP kann nach dem Bräunlinger Europawahl-Erfolg erneut strahlen. Eine prall gefüllte Wahlliste, die Wählergunst und Sitzvergabe-Modus bescheren ihr die glatte Verdoppelung ihrer Sitzzahl.

Die Gruppe 84, ebenfalls ordentlich bestückt mit zwölf Kandidaten, behauptet ihre Rolle als zweitstärkste Kraft hinter der CDU.

Persönliche (Miss-)Erfolge

Keiner der amtierenden Stadträte ist bei den Wählern „durchgefallen“. Wer erneut antrat, wurde wiedergewählt. Allerdings mitunter nur knapp. CDU-Chef Karl Müller schaffte nur über ein Ausgleichsmandat den erneuten Sitz im Parlament – und das mit hauchdünnem Vorsprung von genau drei Stimmen gegenüber Thomas Held von der CDU-Liste. Ebenfalls nicht direkt gewählt, sondern über Ausgleichssitze im neuen Gemeinderat sind Claus Hauptvogel (CDU), Patric Andre (SPD), Siegbert Wernet (FDP).

Stimmenkönig der Wahl ist Otto Brugger (CDU), der 2193 Wählerstimmen auf sich versammeln konnte, gefolgt von Petra Schulter (SPD, 1966 Stimmen), Johannes Schwörer (CDU, 1870) und Berthold Geyer (Gruppe 84, 1588). Noch einen Wahlgewinner gibt es: die Wahlbeteiligung. Sie stieg von 56,3 auf 58 Prozent – erstmals seit längerer Zeit kein Abbröckeln mehr.

Döggingen stark

Interessante Veränderungen gibt es in den Stadtteilen. Die CDU hat Unterbränd „verloren“; Ortsvorsteher Winfried Klötzer (Gruppe 84) holte mit überzeugendem Stimmenvorsprung das Direktmandat für den Teilort. Nach einer Ära ohne „eigene Stadträte“ haben jetzt auch Bruggen und Waldhausen wieder ihre Direktvertreter im Parlament. Und Döggingen ist im neuen Gemeinderat sehr stark vertreten: mit vier Abgeordneten.

Inhaltsverzeichnis
Nach oben